Totengedächtnis

Solitude en Gruyère (femme en deuil et crucifix), Charles Morel, 1939, Musée gruérien, Bulle

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Mehrere Rituale und Bräuche, die mit dem Totengedächtnis zu tun haben, sind im Kanton weiterhin sehr lebendig. Auf dem Friedhof von Jaun sind mehrere Skulpturen sichtbare Beispiele für die Rituale und Bräuche rund um die Ehrung Verstorbener.

In den Dörfern wird am Todestag eines Bewohners noch die Sterbeglocke geläutet. Familien, Arbeitgeber und Vereine teilen den Tod eines der Ihren in Traueranzeigen in der Lokalpresse mit. Angehörige und Bekannte übergeben der Familie ein Kondolenzschreiben mit etwas Geld für das Lesen einer Messe, um des Verstorbenen zu gedenken, oder, wie dies in den letzten Jahren immer häufiger geschieht, zugunsten eines Wohltätigkeitswerkes oder für die Forschung. Ihnen wird brieflich oder per Anzeige in der Presse gedankt ; dabei wird auch der Gottesdienst zum Dreissigsten angekündigt. Auf den Seiten der Todesanzeigen werden zudem Jahrestage und eventuelle Gedenkfeiern bekannt gegeben. Die Zeitung La Gruyère bietet ihren Lesern an, auf Wunsch gratis einen Nachruf zu verfassen. Die Freiburger Tageszeitungen spielen also eine wichtige Rolle, um einen Tod anzuzeigen; viele Leser schlagen denn auch zuerst die entsprechenden Seiten auf.

In den letzten 20 Jahren haben sich die Rituale um den Tod verändert. Die Verstorbenen sind immer weniger zu Hause aufgebahrt, sondern in den Totenkapellen der Pfarreien. Das Gebet am Vorabend des Begräbnisses wird seltener, Kränze und Blumensträusse nehmen ab, und der Sarg wird nicht mehr von Angehörigen oder Nachbarn getragen. Die Beerdigungs-gottesdienste machen je länger je mehr schlichten Abschiedsfeiern Platz, worauf die Erdbestattung, und heute immer mehr die Einäscherung folgt. Sie ist fast ausschliesslich von katholischem oder protestantischem Ritus und wird von vielen Personen besucht. An sie schliesst sich traditionsgemäss die Trauermahlzeit, auch Leichenschmaus genannt, an, ein Brauch, der Freunde und Vertreter der Vereine zusammenführt.

Jährlich am 1. November, dem Fest Allerheiligen, das häufig mit Allerseelen am 2. November verwechselt wird, begeben sich zahlreiche katholische Freiburger auf den Friedhof, um der Verstorbenen zu gedenken. Die Gräber werden liebevoll mit Chrysanthemen geschmückt, obwohl die Menge der Blumen in den letzten 20 Jahren zurückgegangen ist. Je nach Pfarrei versammeln sich die Gläubigen vor- oder nachmittags zu einer Feier oder Messe.